Bericht des Rektors aus der 12. gemeinsamen Sitzung von Hochschulrat und Senat vom 30. November 2021

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Mitglieder des Hochschulrates,
sehr geehrte Senatorinnen und Senatoren,
sehr geehrter Herr Dr. Streitenberger,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
auch im diesjährigen Bericht komme ich nicht um das Thema Corona herum. Zu sehr prägte und prägt es auch die diesjährige Tätigkeit. Gerade in den letzten Wochen ist eine noch höhere Angespanntheit und Emotionalität zu spüren. Schon zuvor war es ein Balanceakt. Stimmen wie „Wir werden durch die Maßnahmen und Kontrollen drangsaliert. Das grenzt an Schikane. Von solchen Vorgängen haben mir meine Großeltern aus der DDR erzählt.“, „Wie unter Hitler.“ oder „Mir wird viel zu wenig kontrolliert. Ich fühle mich unsicher.“ stehen seit Wochen für den enormen Zwiespalt, in dem sich die Hochschulleitung bewegt. Seitdem fast täglich Infektionshöchstwerte gemeldet werden und spätestens mit der seit dem 25.11. gültigen Corona-Verordnung Studienbetrieb hat sich der Ton nochmals entschieden verschärft; und die Emotionen sind nochmals hochgekocht. Eine Gruppe von Studierenden klagt an „Sie nehmen mein Recht auf Bildung“, die andere „Sie gefährden meine Gesundheit“. Die eine „Sie sperren uns aus.“, die andere „Sie zwingen uns an die Hochschule“. Die angespannte und aufgeladene Stimmung könnte noch steigen. Bei Studierenden wie Lehrenden gilt: Das Spektrum reicht von Lob für verantwortliches Handeln über Verständnis bis zum Vorwurf unverantwortlichen Unterlassens.
Angesichts der Zahlen ist ein neuer Lockdown nicht mehr ausgeschlossen. Das Ministerium unterstrich heute allerdings nochmals telefonisch, dass die Ermöglichung von Präsenzlehre vorrangiges Ziel bleibt. Eine vollkommene Umstellung auf Online-Lehre steht derzeit nicht auf der politischen Agenda. Ich weiß, dass etliche von ihnen dies anders sehen, und habe auch zum Ausdruck gebracht, dass immer mehr Studierende und Lehrende eine solche Umstellung wünschen und für sinnvoll halten.
Aber trotz der berechtigten Sorge angesichts der Pandemiesituation dürfen wir nicht übersehen, dass die Vorgaben auch Reaktion auf die bisherigen drei Corona-Semester sind. Online-Lehre hat ihren Preis bezüglich des Lernerfolgs und für die psychische Gesundheit. Die Mitarbeitenden der psychologischen Beratungsstellen, aber auch die vielen Mails, die uns im letzten Lockdown erreichten, haben für letzteres ein deutliches Bild gezeichnet. Die jetzigen Corona-Verordnungen tragen den Erfahrungen dieser Zeit ebenso Rechnung wie den Protesten der Studierenden.
Die Vorgaben der Landesregierung und die in Folge von uns umgesetzten Maßnahmen sollen dazu dienen, Präsenzlehre weiter zu ermöglichen. Auch die Hochschulen folgen bisher diesem Weg und setzen die Vorgaben um, und dies geschieht in Baden- Württemberg – soweit ich weiß – einhellig und ohne Ausnahme. Ebenfalls sollen die Kernaufgaben der Hochschule in Forschung, Weiterbildung und Transfer weiterhin möglich sein. Wenn notwendig, erfolgt auch dies in Präsenz. Denn auch hier geht es um Lebenszeit und Karriere von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern.
Mich ärgert die jetzige Situation, ärgert, dass wir trotz der Möglichkeit des Impfens wieder in diese Situation hineingeraten sind. Ich habe auch Verständnis für alle, die sich zunehmend unsicher fühlen. Aber beim Stichwort Lockdown sollte man meiner Meinung nach zunächst an Bundesliga, Kinos, Diskotheken und Clubs denken und nicht an Hochschulen. Wir werden sehen, welche Maßnahmen nunmehr in Berlin und Stuttgart beschlossen werden. Wir sind auf unterschiedliche Optionen vorbereitet.
Die jetzige Corona-Verordnung Studienbetrieb bringt neue Herausforderungen mit sich. Alle Studierende haben einen Anspruch, ihr Studium erfolgreich fortzusetzen. Für jene, die noch nicht vollständig immunisiert sind, die Symptome haben oder die auf Grund direkter Kontakte zu Corona-positiven Personen nicht die Hochschule betreten dürfen, haben wir durch geeignete Maßnahmen die Studierfähigkeit des Studiums sicherzustellen. Wir müssen uns also überlegen, wie wir durch Bereitstellung von Unterrichtsmaterialien, Aufzeichnungen oder hybride Formate diesen Anspruch erfüllen können. Für alle Lehrenden, die schon in den letzten Semestern eine überdurchschnittlich hohe Arbeitsbelastung hatten, kommt hier nochmals neue Arbeit hinzu. Hierfür bitte ich um Verständnis und danke allen Lehrenden herzlich, und dies für den seit drei Semestern bewältigten Mehraufwand ebenso wie für den zu erwartenden neuen.
So bestimmend das Thema Corona auch ist, sollte der Bericht des Rektors nicht nur von Corona handeln. Wie ist es unabhängig von der epidemiologischen Lage um die Lage der Hochschule bestellt? Gehen wir in aller Kürze die zentralen Aufgaben der Hochschule durch.
Im Bereich Studium und Lehre ist uns mit der Systemakkreditierung ein Quantensprung geglückt. Das Zertifikat des Akkreditierungsrates ist wichtiges Qualitätsmerkmal nach außen, und nach innen erlauben uns die geschaffenen Regelkreise und Maßnahme eine stetige Verbesserung unserer Studiengänge. Im Lehramt sind wir gerade daran, die ersten Ergebnisse der sogenannten internen Akkreditierung umzusetzen und eine neue Studienordnung 2022 zu entwickeln. Mit der Auflagenerfüllung für die Systemakkreditierung haben wir dieses Jahr die letzten Arbeitsschritte hinter uns gebracht und haben nunmehr im Bereich des Qualitätsmanagements ein ausgezeichnetes Instrumentarium, das der Hochschule noch lange nutzen wird und das stetig verfeinert wird.
Aus den internen Akkreditierungen ziehen wir nicht nur den Nutzen, Optimierungsbedarf zu eruieren. Die Akkreditierungsverfahren sind immer auch ein Kanal, durch welchen die Studiengangsverantwortlichen und –kommissionen verdientes Lob erhalten. Zu betonen ist auch in diesem Bericht das große Lob, dass die im letzten Jahr akkreditierten Studiengänge (Bachelor Pädagogik der Kindheit, Bachelor Sport, Gesundheit, Freizeitbildung, der Master Interkulturelle Bildung, Migration und Mehrsprachigkeit sowie die weiterbildenden Masterstudiengänge Erwachsenenbildung und Geragogik) erhielten. Wir haben seit Jahren sehr gute, ja ausgezeichnete Lehre, aber nicht stets haben wir die Anerkennung dazu bekommen. Der letzte – und bis dato einzige – Landeslehrpreis, den wir erhielten, ist auf das Jahr 1997 datiert. Prof. Birkenbeil (Biologie) erhielt ihn für den Ökologischen Lerngarten. Vierundzwanzig Jahre lang teilten sich dann die anderen fünf Pädagogischen Hochschulen den Preis unter sich auf. Da die Übergabe Corona-bedingt auf das neue Jahr verschoben wurde, möchte ich hochschulintern doch ein Geheimnis lüften. Die Wartezeit ist nun vorbei. Ich freue mich außerordentlich, Herrn Prof. Sebastian Wartha zum diesjährigen Landeslehrpreis gratulieren zu dürfen.
Die Hochschulfinanzierungsvereinbarung II erlaubt uns, eine bisherige Schwäche im Bereich Studium und Lehre abzubauen. Im Vergleich zu den anderen Pädagogischen Hochschulen haben wir eine ungünstigere Betreuungsrelation. Bei uns kommen 28 Studierende auf einen wissenschaftlichen Mitarbeitenden, durchschnittlich sind dies im Hochschultyp 25. Bei gleichbleibender Studierendenzahl können wir nun bisher freigehaltene Professuren besetzen und einige neue Mitarbeitendenstellen schaffen. Dies wird die Betreuungsrelation verbessern.
Nehmen wir aus dem Bereich Studium und Lehre noch einen Punkt, die Digitalisierung der Lehrerbildung, womit wir zugleich im Bereich der Forschungs- und Entwicklungsprojekte sind. Durch die Einrichtung einschlägiger Professuren und die Schaffung des Instituts für Informatik und digitale Bildung haben wir uns gerade zeitig genug gut aufgestellt, um uns in diesem wachsenden Feld zu profilieren. Eine Folge ist, dass wir sowohl in der Bund- und Länder-Förderrunde der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ mit dem Themenschwerpunkt „Digitalisierung in der Lehrerbildung“ erfolgreich waren als auch in der von die Stiftung Innovation in der Hochschullehre lancierten Ausschreibung zum Thema „Hochschullehre durch Digitalisierung stärken”. Wir setzen so vor Ort bereits um, was die Hochschulrektorenkonferenz im März nächsten Jahres empfehlen wird, die Weiterentwicklung der Curricula im Lehramtsstudium, bei der Digitalisierung eine gemeinsame Aufgabe der Fachwissenschaften, Fachdidaktiken und Bildungswissenschaften ist. Als in der entsprechenden Arbeitsgruppe der HRK zur Digitalisierung der Lehrerbildung Mitwirkender war es ein gutes Gefühl, die eigene Hochschule als positives Beispiel und Vorbild präsentieren zu können.
Im Bereich der Forschung sind wir inzwischen insgesamt gut aufgestellt, die Forschungsförderungsinstrumente werden vielfältig nachgefragt und auf Grund wachsender Erfahrungen permanent weiterentwickelt. Das Forschungsatelier und Ateliergespräche sind sehr gut nachgefragt. Zur Vorbereitung von Großprojekten arbeiten inzwischen in wechselnder Zusammensetzung ein gutes Dutzend Forscherinnen und Forscher zusammen.
Insgesamt ist die Zahl der Forschungsförderungsanträge enorm gestiegen. Allein im vierten Quartal dieses Jahres werden acht BMBF-Anträge und drei DFG-Anträge gestellt, ein Allzeithoch an unserer Hochschule. Auch wenn Herr Wörmann dies anders empfindet, ist es eine gute Nachricht für die Hochschule, dass er der Arbeit nicht mehr nachkommen kann. Es bedeutet, dass sich die Hochschule in diesem Bereich enorm entwickelt hat. Die eigentlich für 2022 vorgesehene neue Stelle im Referat Forschung werden wir daher schon jetzt ausschreiben.
Auch dieser Erfolg ist in den Kennzahlen sichtbar. Dies sind für unseren Hochschultyp die Drittmitteleinnahmen pro besetzte Professur. Bis 2018 lagen wir noch im oder unter dem Durchschnitt der Pädagogischen Hochschule. Nicht zuletzt, aber auch nicht allein durch Großprojekte wie LEMAS liegen wir seit 2019 darüber. Da alle Pädagogischen Hochschulen ihre Drittmitteleinnahmen erheblich steigern, ist dies kein leichter Erfolg und soll hier besonders unterstrichen werden.
Im Bereich der Nachwuchsförderung ist die Etablierung des Karrierewegs der Tenure Track-Professur geglückt. Durch den Erfolg im Tenure Track-Programm konnten wir seit diesem Jahr drei neue Tenure Track-Professuren besetzen und erhöhen somit die Zahl unserer Hochschullehrerinnen und –lehrer um diese drei. Vier unserer Tenure Track-Professorinnen und Professoren darf ich hier nochmals zur erfolgreichen Zwischenevaluation gratulieren. Weitere Zwischenevaluationen stehen bald an. Zum Nachteil für uns ist die erste Tenure Track-Professorin während ihres Tenures an eine Universität berufen worden. Die Tenure Track-Professorinnen und Professoren langfristig an uns zu binden, wird in Zukunft eine vordringliche Herausforderung sein.
Die Zahl der Qualifikationsstellen haben wir mittlerweile auf sechs erhöht. Drei interne Ausschreibungen und Auswahlverfahren, bei denen jeweils externe Gutachten eingeholt wurden, liegen hinter uns. Weitere sind für das kommende Jahr geplant. Bei den Promotionen besteht dennoch Arbeitsbedarf. Einiges, was wir davon tun wollen, ist im Struktur- und Entwicklungsplans festgehalten. Eine andere Baustelle liegt in der Art und Weise, wie wir Promotionen erfassen. Zu unserem großen Erschrecken wurde 2019 zunächst eine Promotionszahl von Null gemeldet. Für 2020 war es uns möglich, fünf zu melden. Die Fakultäten melden uns aber höhere Zahlen und ich habe mehr Urkunden unterschrieben. Wir haben das Problem jedoch erkannt und Wege zur Abhilfe beschritten. Der Fehler ist lokalisiert und auch für 2019 konnten wir korrekte Zahlen nachliefern. Ein weiteres Großprojekt wird hier Abhilfe schaffen. Im Campusmanagement konnte die Zulassung der Studierenden inzwischen modernisiert werden. Der nächste große Arbeitsschritt widmet sich nun den Prüfungen und hier werden dann auch Promotionen fortan einheitlich erfasst werden, so dass es keine Schwierigkeiten beim Auslesen verschiedener Programme mehr geben wird. Den an diesem Projekt beteiligten danke ich ganz herzlich für Ihre Ausdauer und Ihre Frustrationstoleranz.
Im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung ist das ZWW, das Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung, fest etabliert. Mit dem Master Erwachsenenbildung haben wir nunmehr zwei weiterbildende Masterstudiengänge. Erfolgreiche kleinere Studiengänge kommen hinzu, etwa, um einen namentlich zu nennen, das Zertifikat Praxismentoring in kindheitspädagogischen Arbeitsfeldern. Durch Projekte wie KuLo (Kunst und Kultureinrichtungen als lernende Organisationen) und das Weiterbildungsangebot „Fachkraft Sprache und Kommunikation in Kindertageseinrichtungen“ fließen auch erhebliche Zweit- und Drittmittel in die Weiterbildung ein. Dieser durch die Rahmenbedingungen herausforderungsreiche Bereich entfaltet sich bei uns sehr gut und ist zudem hervorragend im landes- und bundesweiten Netzwerk der wissenschaftlichen Weiterbildung eingebunden.
Eine ähnlich gute Einbindung in übergreifende Netzwerke haben wir inzwischen im Bereich der Hochschuldidaktik. Mit den anderen Pädagogischen Hochschulen gemeinsam sind wir inzwischen Mitglied des Hochschuldidaktik-Zentrums Universitäten Baden-Württemberg. Die erste Evaluation zeigte, dass unsere neue Mitgliedschaft das Zentrum insgesamt bereichert.
Gänzlich neu aufgestellt haben wir den Bereich Third Mission/Transfer. Wir haben eine neue Transferstrategie „KEYS - Schlüssel für Bildung“ erarbeitet, welche Chancengleichheit und den Zugang zur Bildung in den Vordergrund stellt. Mit dem am Donnerstag (02.12.) einzureichenden Antrag „Reallabor Bildungsgerechtigkeit“ führen wir diese Idee fort und haben bei den angefragten Partnerorganisationen äußerst positive Echos erhalten. Unabhängig davon laufen alte und neue Transferaktivitäten weiter, die inzwischen gelungene Integration in das Projekt „Zukunft_Schule“ der Stadt Karlsruhe soll nur als Beispiel dienen. Hier geht es um die Konzeption eines neuen und zukunftsweisenden Schulneubaus in der Nordstadt.
Die nicht zuletzt im Feld des Transfers sichtbare ausgezeichnete Verflechtung in der Region spiegelt sich in den vielfältigen Kooperationen, welche inzwischen die Karlsruher Hochschulen miteinander verbinden. Wir Präsidenten und Rektoren sind enger zusammengerückt. Das gemeinsame Projekt eines Bildungscampus treiben die Hochschule Karlsruhe und wir sehr gut voran. Zudem planen wir gerade einen gemeinsamen Antrag für die Verbesserung der Fahrradinfrastruktur auf dem Campusbereich. Mit der Hochschule und auch der Karlsuniversität erarbeiten wir gemeinsame Promotionskollegs. In der Zusammenarbeit mit dem KIT konnte das schon seit Jahren bestehende Forschungsinstitut FOSS verstetigt werden und inzwischen sprechen wir beide von einer künftigen School of Education. Deutlichstes Zeichen für das lebende Hochschulnetzwerk in Karlsruhe ist der Klimapakt der acht Hochschulen mit der Stadt Karlsruhe. In dieser bundesweit einzigartigen Initiative streben die acht Karlsruher Hochschulen an, mit Energie und anderen Ressourcen maßvoll, nachhaltig und klimaschonend umzugehen. Außerdem wollen die Bildungseinrichtungen Vorbilder des Klimaschutzes nach innen und außen sein und ein entsprechendes Bewusstsein etablieren. Mittelfristig entsteht so ein Netzwerk aus Wissenschaft, Kultur und Zivilgesellschaft, um gemeinsam einen Beitrag zur Umsetzung der Pariser Klimaziele zu leisten.
Über die Lage der Hochschule zu sprechen ist deutlicher erfreulicher als das Reden über die epidemiologische Lage. Viele haben dazu beigetragen: Forschende, Lehrende, die Mitarbeitenden des Stabes und die Mitarbeitenden im wissenschaftsunterstützenden Bereich. Ihnen allen sei herzlich gedankt.
Und mit Blick auf die Lage der Hochschule spricht alles für eine auch künftige hervorragende Fortentwicklung. Wir haben gemeinsam einen Struktur- und Entwicklungsplan erarbeitet, bei dessen Verwirklichung sich unsere Hochschule in allen Arbeitsfeldern positiv profilieren wird. Von meiner Seite aus ist viel Herzblut in den Struktur-und Entwicklungsplan – und damit in die Vision unserer Hochschulzukunft - geflossen und ich freue mich auf dessen Verwirklichung.
Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit.