Tag der älteren Generation: Sexuelle Diversität wahrnehmen
„Um Diskriminierungen entgegenzuwirken, müssen wir auch in der Pflege, in der Sozialen Arbeit oder in der Gerontologie für die Bedürfnisse, Lebenswelten und Erfahrungen von Nicht-Heterosexuellen sensibilisieren“, sagt Prof. Dr. Mechthild Kiegelmann.

Prof. Dr. Mechthild Kiegelmann. Foto: ZWW
Auf die Belange älterer Menschen machen gleich zwei Jahrestage aufmerksam: Der internationale Tag der älteren Generation am 1. Oktober und der deutschlandweite Tag der älteren Generation am ersten Mittwoch im April. Häufig geht es dann um Themen wie Gesundheit oder Pflegenotstand. „Aber Altsein ist keine Krankheit“, sagt Prof. Dr. Mechthild Kiegelmann, Professorin für Sozialpsychologie und Sozialpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe: „Ältere Menschen sind mündige Bürgerinnen und Bürger, die ein Recht haben auf Teilhabe und Chancengleichheit.“ Und auch ein Recht, in ihrer sexuellen Diversität wahrgenommen zu werden.
Thema LSBTIQ* bedeutsam für Arbeit mir älteren Menschen
„Um Diskriminierungen aktiv entgegenzuwirken, müssen wir auch in der Pflege, in der Sozialen Arbeit oder in der Gerontologie für die Bedürfnisse, Lebenswelten und Erfahrungen von Nicht-Heterosexuellen sensibilisieren“, sagt Kiegelmann. Etwa für den 75-jährigen Homosexuellen, der in einer Zeit aufgewachsen ist, als Homosexualität noch strafbar war, der seit 15 Jahren in einem Pflegeheim lebt und dessen letzter Lebenspartner schon lange tot ist. Er hat ein großes Bedürfnis nach sozialer Teilhabe und Kulturangeboten, käme aber nie auf die Idee, einen homosexuellen Besuchsdienst zu kontaktieren. „Leider werden solche biografischen Umstände im durch Zeitmangel und auf körperliche Gesundheit ausgerichteten Pflegealltag nur selten sichtbar, sind aber bedeutsam für die Arbeit mit älteren lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, intersexuellen oder queeren (LSBTIQ*) Menschen“, so die Wissenschaftlerin.
Deshalb hat Prof. Dr. Kiegelmann Intersektionalität, Antidiskriminierung und die Sichtbarkeit von LSBTIQ*-Menschen im Alter auch zu Inhalten des Masterstudiengangs Geragogik gemacht, den das Zentrum für Wissenschaftliche Weiterbildung (ZWW) der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe seit dem Wintersemester 2014/2015 anbietet. Er ist der erste weiterbildende Masterstudiengang für Geragogik in Deutschland und wurde 2018 mit dem dritten Platz des baden-württembergischen Landesweiterbildungspreises ausgezeichnet. Das Angebot umfasst vier Semester und qualifiziert für die Bildungsarbeit mit älteren Menschen.
Neues Weiterbildungszertifikat „LSBTIQ*-Beratung“
Zum Wintersemester 2019/2020 bietet das ZWW außerdem das neue Weiterbildungszertifikat „LSBTIQ*-Beratung“ an, das Prof. Dr. Kiegelmann in Kooperation mit dem „Verband für lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intersexuelle und queere Menschen in der Psychologie“ initiiert hat. Vermittelt werden Kompetenzen in Psychotherapie und Beratung für die Arbeit mit Menschen aus LSBTIQ*-Communities. Darüber hinaus arbeitet Kiegelmann zusammen mit der Erziehungswissenschaftlerin Tamara-Louise Zeyen (Marburg), dem Gerontologen Dr. Ralf Lottmann (Guildford/UK) sowie der Soziologin und Gesundheitswissenschaftlerin Prof. Dr. Regina Brunnett (Ludwigshafen) an einem Lehrbuch zum Thema „LSBTIQ* und Alter(n)“, das nächstes Jahr erscheint.
Zur Person
Prof. Mechthild Kiegelmann ist seit 2014 Professorin für Sozialpsychologie und Sozialpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Darüber hinaus begleitet sie zahlreiche Projekte mit Forschungsschwerpunkten in den Bereichen Empirische Methodenlehre sowie Sozial- und Entwicklungspsychologie. Im ZWW ist sie Studiengangsleiterin des Masterstudiengangs Geragogik sowie der Weiterbildungszertifikate „Bildungsarbeit mit Älteren“, „Theologie und Philosophie des Alters“, „Diversity und Generationenmanagement“ und „LSBTIQ*-Beratung“.
Weitere Infos zu Prof. Dr. Kiegelmann auf www.ph-karlsruhe.de/hochschule/organisation/fakultaet-a/institut-fuer-psychologie